Druck, Blei & Bytes – Experiment mit physischer und virtueller Grafik


Die Idee der Arbeit ist es, sich mit den Eigenschaften, die das Original des historischen Bleisatzes ausmachen auseinander zu setzen. Da wären zum Beispiel das spiegelverkehrte Druckbild, die Unregelmäßigkeit des Druckbildes und die Individualität der einzelnen Abdrucke. Hier sollten experimentell neue Wege der Umsetzung entstehen. Von Anfang an stand fest, dass der Ursprung der Arbeit im Bleisatz liegen sollte. Einen Kontrast dazu stellt der Computer dar, die Technik, die den Bleisatz heute gänzlich ersetzt. Die herkömmliche Form des Buches blieb in der gewohnten Optik bestehen und sorgt für den Bezug zur Tradition. Mit Material, Produktion und Inhalt sollten neue Wege gefunden werden. Das Buch soll für jeden Betrachter ganz offensichtlich im Heute und Jetzt stehen und eine Brücke schlage zum Anbeginn des Drucks und der damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderung, die Zugang zu Wissen und Entwicklung, zu Vervielfältigung und Transport von Informationen an die Allgemeinheit bedeutete. Informationen werden hier nicht über Worte zu transportiert, sondern jede Seite ist mit dem Ursprung des Handwerks gestaltet. Im Vordergrund stehen die Ergebnisse des experimentellen Drucks.

Beim physischen Experiment mit den Hochdruckelementen war es wichtig, Unikate zu schaffen, die nicht im Computer entstanden sein konnten, sondern deren Optik das handwerkliche Verfahren deutlich machten. Das anschließende virtuelle Experimente bestand darin, sich nach Einscannen ausgewählter Druckergebnisse, nur in der nicht greifbaren Dimension des Bildschirms zu bewegen, das heißt: Während dieser Phase wurden keine Ausdrucke gemacht. Das Experiment wurde ausschließlich am Bildschirm visualisiert.

Für einen starken Kontrast in der Farbwahl kam ein grelles Grün zum Einsatz, das sich zur traditionellen Farbe Rot komplementär verhält. Rot wurde schon immer als hervorhebende Farbe in der Buchgestaltung eingesetzt. Initiale z. B. waren sehr oft Rot. Im CMYK-Farbraum ist dieser Grünton schwer simulierbar: Im Vierfarbdruck werden Grüntöne aus Cyan und Yellow gemischt. Das Grün liegt außerhalb dieses Mischbereichs. Die Wahl fiel auf den Ton Pantone 389, der in CMYK nicht annähernd so satt und leuchtend darzustellen ist. Als Gestaltungselement ist das Grün vor allem gefordert, als schlüssiges, sich veränderndes Element durch das Buch zu führen. Als weiteres Element – das durch seine Formensprache den Kontrast von PC zum handwerklichen Druck darstellt – wird mit Pixeln gearbeitet. Diese Pixel werden durch das Verwenden eines Filters hergestellt und den Motiven entsprechend verwendet. Ziel ist es, jeder Seite eine individuelle Gestalt zu geben und eine Linie zu finden, die dem Betrachter schlüssig erscheint. Die Entwicklung vom Punkt über die Linie wieder hin zum Punkt spannt den Bogen zwischen Beginn und Ende der Darstellungen. Die Entwicklung wird in spielerischer Form dargestellt und den Elementen kein Zwang aufgesetzt. Der Gestaltung des Covers liegt die Idee, Bleisatz optisch darzustellen, zugrunde. Hier wurde Polyprophylenfolie im Tiefzieh-Verfahren geformt.

Der Bedruckstoff der Seiten ist weiße Polyethylenfolie 252 g/m2, die im UV-Offset-Verfahren bedruckt wurde. Die Eigenschaften dieses Materials sind vielfältig. Es handelt sich hierbei um witterungsbeständiges, kostengünstiges und umweltfreundliches Material. Informationsmaterial, Archivmaterial, Anleitungen und Plakate (gerade auch für den Außenbereich) sind sehr lange haltbar. Die Farbe ist lichtecht, das Material verrottet erst nach über 10 000 Jahren.

Miriam Neff

Akademie für Gestaltung und Design München

Betreuer:
Prof. Hans Heitmann
Nicole Sanner