Faltbarer Schrank


Würdigung
von Peter Nickl – Handwerkskammer für München und Oberbayern

In einer Jury wird oft diskutiert, ob eine Arbeit wegen der Perfektion der Form und Ausführung oder wegen der Neuheit und der Originalität der Idee auszuzeichnen sei. Im Falle des faltbaren Schrankes von Matthias Andrione, der nach einem von ihm entwickelten Konstruktionssystem zusammengebaut wird, war dies der Fall. Von seinem Äußeren und seiner Erscheinungsform her wirkt dieser Schrank eher improvisiert und einfach gestylt.

Es war aber gerade diese, dem Möbelsystem zugrunde liegende Einfachheit, die die Jury besonders überzeugte. Einfach ist die Art, wie die einzelnen Systemelemente hergestellt werden. Sie werden gesägt und gefräst.

Einfach ist deren Grundform. Sie basiert auf dem Quadrat und wird lediglich durch halbe, viertel oder verkürzte Stücke ergänzt.

Einfach ist auch das Konstruktionsprinzip: Ein Gummiring wird in eingefräste Nuten gelegt. Diese Kombination ermöglicht die feste Verbindung von zwei Systemelementen in rechtwinkliger Stellung, deren stabile Aussteifung zu einem Kubus in drei Ebenen sowie den Zusammenbau verschiedener Kuben zu einem Möbel. Gleichzeitig funktioniert dieses Verbindungselement auch als Scharnier. Mit seiner Hilfe kann eine Kistenwand bis zu 360. ausgeklappt werden. Die Variationsbreite, die die Anwendung dieses Konstruktionsprinzips gewährleistet, ermöglicht den Bau von Wandregalen, Schränken, Ablagen, Sideboards, Hockern, Kisten und Kästen. Enge und verwinkelte Raumsituationen können so als Aufbewahrungs- und Ablageflächen genutzt werden.

Die Möbel lassen sich leicht und ohne jegliches Werkzeug montieren und demontieren. Nichtverwendete Elemente können platzsparend aufbewahrt werden. Die Einfachheit der Möbel hat eine ihnen immanente Ästhetik. Bei der Raumgestaltung kann diese bewusst und individuell eingesetzt werden. Berücksichtigt man den Kostenfaktor, der aufgrund der Simplizität der Herstellung und Konstruktion niedrig anzusetzen ist, so kommt man zu einem für diese Möbel typischen Wesenselement. Sie strahlen Optimismus und ein gewisses erfinderisches Temperament aus, das sich zwangsläufig auch auf den Anwender überträgt – junge Leute, für die Wohnungsnot, geringe Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten aktuelle Probleme sind, haben die Möglichkeit, ihren Wohnraum oder Arbeitsplatz phantasievoll, rationell, nutzbringend und kostensparend zu gestalten – ein Aspekt, den die Juroren durch die Vergabe dieses Preises auch hervorgehoben wissen wollen.

Der Preisträger hat seine Erfindung in Werkstattgemeinschaft mit einem Schlossermeister und einem Schreiner entwickelt. Er selbst hat den Beruf des Reprografen erlernt.

Matthias Andrione

Die Arbeit wurde vom Bayerischen Handwerkstag vorgeschlagen